Drei im blutigen Kreis

(in: FAZ 3.7.2012)

„Methodisch konstruiert“ - Hermann Brochs Prosatitel von1913 wäre auch für Christoph Leuchters Debütroman „Letzter Akt“ überaus passend. Das Buch ragt durch die erzählerische Komposition, Präzision und Ökonomie heraus. Zwischen Prolog und Epilog entfaltet sich in vier schlanken Akten ein höchst raffiniertes Beziehungsgeflecht aus mehreren Dreieckskonstellationen. In einem kleinen Dorf nahe Florenz lebt der 1914 in Berlin geborene und von einer Pariser Universität emeritierte Romanist Martin Vonderheid. Im Schuppen neben dem Landhaus hat sich sein ebenfalls sechsundsiebzigjähriger Schulfreund Wolf Rosenstein erhängt. Was ist geschehen, etwa ein „inszenierter Selbstmord als Anklage“? Kommissar Corelli ermittelt, doch nicht im Sinne klassischer Kriminalliteratur, sondern als Zuhörer und Deuter einer Geschichte. Vonderheid erzählt in immer enger gezirkelten Kreisen von seinem Freundschaftsbund mit Rosenstein und dem jüdischen Mädchen Lily, von zunächst noch pubertären Spielen à trois, dann von Verfolgung, Trennung und Schuld. Diese tragische Beziehung der Vergangenheit ist fein und vielschichtig gesponnen und birgt in ihrem Zentrum eine alte, auf den letzten Akt verweisende Fotografie. Leuchter gelingt das mit virtuoser Leichtigkeit. (Christoph Leuchter: „Letzter Akt“. Roman. Steidl Verlag, Göttingen 2012. 192 S., geb., 18,- €.) koš